Auswirkungen auf die Gebäudeautomation -
Seit November 2020 ist das Gebäude Energie Gesetz (GEG) aus der Fusion zwischen der Energiesparverordnung (EnEV), dem Energieeinsparungsgesetz (EnEG) und dem Erneuerbare Energien Wärme Gesetz (EEWärmeG) hervorgegangen. Im Kern werden auf nationaler Ebene Vorgaben für die Verwendung von fossilen und regenerativen Energieträger im Kontext der Gebäudeplanung gemacht. Ziel ist es, den Wärme- u. Stromverbrauch von Gebäuden immer mehr weg von Gas und Ölheizungen hin zu Wärmepumpen, Biomasse Anlagen sowie Solar- u. PV-Anlagen zu bewegen. Mit anderen Worten: Es ist primär die Senkung des CO2 Ausstoßes anzustreben.
Durch übergeordnete Europäischen Richtlinien müssen Vorgaben auf EU Ebene auch innerhalb des GEG binnen 20 Monaten in nationales Recht umgewandelt werden. So erschien Ende 2021 die Überarbeitung des EPBD über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Sie hat merklichen Einfluss bei der Anwendung von Richtlinien, wie bspw. der DIN EN 15232 (Automatisierungsklassen) und der DIN V 18599 (Energetische Bewertung von Gebäuden). Durch diese Vorgaben wird zukünftig nicht nur die Erzeugung von Wärme und Strom, sondern auch deren Verwendung, also der Betrieb einer Gebäudetechnischen Anlage, stärker in den Fokus gerückt. Durch effizientere Gebäude kann ebenfalls eine spürbare Energieeinsparung erzielt und somit die CO2 Senkung erreicht werden. Gleichzeitig wird die Planung einer übergreifenden Gebäudeautomation statt einfacher Inselregelung der neue Standard.
Derzeit ist diese Implementierung der EU-Vorgaben innerhalb des GEG noch nicht erfolgt, ist jedoch für Ende 2022 bzw. Anfang 2023 zu erwarten.
Was ändert sich mit den neuen EU-Vorgaben?
Die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes beschreibt den Standard des energetischen Verbrauchs und ist in 4 Klassen unterteilt:
In der Vergangenheit wurde die Energieeffizienzklasse C als Gebäudestandard oft vereinbart. Hierfür beispielhaft steht eine Wärmeerzeugungsanlage, die in Abhängigkeit der Außentemperatur ihre heizungsseitige Vorlauftemperatur steuert. Dies geschieht jedoch ohne Rückkopplung auf die tatsächlich vorherrschenden Raumtemperaturen. Für Räume die eine Temperatur von 20°C erreichen sollen (Soll-Temperatur), schwankt die durch die Anlage zuzuführende Wärmeenergie bedingt durch wechselnde Umwelteinflüsse. Dazu gehört sowohl die variable Sonneneinstrahlung als auch die Abwärme in Abhängigkeit der elektrischen Maschinen und der Personenanzahl im Raum. Die genannten Faktoren sind jedoch als Wärmegewinne anzusehen und führen im Tagesverlauf zu einem veränderlichen Wärmeeintrag im Raum. In einem Gebäude der Klasse C würde der Wärmeerzeuger seine Vorlauftemperatur entsprechend der Außentemperatur anpassen unabhängig der Wärmeeinträge im Raum. In Gebäuden der Klasse B werden die Raumtemperaturen zu jeder Zeit über einen Temperaturfühler im Raum gemessen (Ist-Temperatur) und die Rückkopplung über die vernetzte Gebäudeautomation an den Wärmeerzeuger übermittelt. Der Wärmeerzeuger regelt dann seine Vorlauftemperatur permanent nach einem Ist / Soll Abgleich im Raum.
Mit der Novellierung des EPBD müsste ein Nicht Wohngebäude defacto nach Klasse B beplant werden. Prägnant ist die bedarfsgerechte Raumregelung. Zukünftig sollen die Gewerke der Heizungs- Lüftungs- und Klimatechnik (HLS) übergreifend in Kombination mit Verschattungsanlagen und Lichtsteuerung (ELT) funktionieren. Auch ein jährliches Energie Monitoring, also das Erfassen, verarbeiten und auswerten von Daten, muss implementiert werden. Für uns sind diese Herausforderungen nicht neu, da wir als HLS und ELT Planungsbüro das interdisziplinäre Arbeiten über die Gewerke hinweg gewohnt sind.
Einsparungen
Erfreulich ist in der Tat der gestiegene Gebäudestandard, der das Herz jedes Planers höher steigen lässt. Alles in allem ist diese Art der Planung für moderne Gebäude state oft the art. Ebenso ist der gestiegene Investitionsbedarf im Kontext zu den eingesparten Energiekosten zu sehen. Hierfür liefert die DIN EN 15232 Auskunft mit welchen Einsparungen beim Typ Nichtwohngebäude grob zu rechnen ist. Gebäude der Klasse C bilden den Standard und sind mit im Energiebedarf mit 1 angesetzt. Bei Objekten der Klasse B schwankt die Spanne des Heizenergieverbrauchs nach Gebäudetyp zwischen 0,71 und 0,94. Vereinfacht kann hier von 0,8 also 20 % Einsparung des Ursprungsenergiebedarfes ausgegangen werden.
Lohnt sich das?
Ein typisches Rechenbeispiel für diese Art der Planung könnte so aussehen:
Szenario für die Planung einer Wärmepumpenanlage aus 2×40 kW, Fussbodenheizung und zentraler RLT-Anlage (nur heizen) mit 10.000 m³/h sowie zentraler Warmwasserbereitung über Frischwasserstation für 70 kW Zapfleistung für ein Nichtwohngebäude
Investitionskosten der HLS Anlage mit Steuerung, entspr. Klasse C: 727.000 €
Investitionskosten der HLS Anlage mit vernetzter Regelung (Gebäudeautomation), entspr. Klasse B: Aus Erfahrungen der letzten 5 Jahre ist, je nach Detaillierungsgrad von einem Mehrpreis zwischen 10-15 % der Investitionssumme auszugehen.
Annahme: 12 %
727.000 € * 1,12 = 814.240 €
Mehrkosten: 87.240 €
Einsparung nach DIN EN 15232: 20 %
Jährliche Energiekosten der Anlage nach Klasse C: 38.800 €
Jährliche Energiekosten der Anlage nach Klasse B: 38.800 * 0,80 = 31.040 €/a
Einsparung: 7.760 € jährlich
Amortisation (statisch) 87.240 / 7.760 € = ca. 11 Jahre statisch
Fazit
Unter Einbezug steigender Energiepreise würde sich die tatsächliche Amortisationsdauer weiter reduzieren. Vereinfacht gesagt sind 10 Jahre im dynamischen Szenario als realistisch anzusehen.
Nüchtern betrachtet wäre die obige Investition in eine vernetzte Gebäudeautomation als wirtschaftlich anzusehen. Auf den ersten Blick erscheint die Dauer jedoch recht lange, bis die Investition in den höheren Gebäudestandard sich gelohnt hat. Diese Ansicht relativiert sich jedoch mit Blick auf den Lebenszyklus. Die Nutzungsdauer der oben beschriebenen Anlagenteile – diese sollte bei Wärmepumpen zwischen 15-20 Jahren und RLT Anlagen zwischen 20-30 Jahre betragen – führt innerhalb der ersten Hälfte zu einem wirtschaftlichen Betrieb. Die Gebäudeautomation sollte diese Zeiten ebenso überstehen.
Eine gewisse Sensibilisierung für die Veränderungen des technischen Fortschritts ist dennoch erwähnenswert. Durch die gestiegene Geschwindigkeit, ist evtl. nach 15-25 Jahren eine Ersatzteilbeschaffung, für Regler und Sensorik kritisch.
Weiterhin sollte der gestiegene Nutzungskomfort als weicher Faktor mit in die Überlegungen einbezogen werden. In einem „intelligenten“ Gebäude sollte die Nutzerzufriedenheit tendenziell höher ausfallen, sollte…